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23. September 2022 | Der Treasurer - Magazin

Alle Register ziehen!

Von Alfons-Maria Gracher

Unternehmen, die sich in diesen herausfordernden Zeiten „sicher“ fühlen, sollten schnellstens alle Finanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen. Denn kurzfristige Lösungen gibt es selten.

Wir wissen alle nicht, was uns diesen Herbst und Winter noch blüht. Darum gilt es, sich jetzt möglichst schnell „wetterfest“ zu machen. Das bezieht sich nicht allein auf das sensible Thema Energieversorgungssicherheit, sondern auch auf die Versorgung mit Liquidität. Viele Unternehmen sind in der komfortablen Situation, dass sie die vergangenen Jahre genutzt haben, sich mit Liquidität auszustatten. Kredite waren günstig, Zahlungsausfälle gering und das Geschäft lief gut – da ließ sich manches Kapitalpolster anlegen.

Doch die Erfahrung zeigt: In Ausnahmefällen reicht selbst dieses vermeintlich üppige Polster nicht aus. Dann rutschen Unternehmen in die Insolvenz, weil sie nicht schnell genug Kapital beschaffen konnten. Zahlungsunfähigkeit ist in rund 97 Prozent der Fälle der häufigste Insolvenzgrund. Deshalb heißt es jetzt umso mehr: Cash ist King.

Die abrupte Zinswende mag manchen Treasurer und Finanzchef davon abhalten. Doch es ist wie bei einer Versicherung: Die Haftpflicht- oder Hausratversicherungen zahlt auch niemand, weil er einen Unfall oder Einbruch erwartet – und so ähnlich ist es in dieser schwer einzuschätzenden Wirtschaftslage. Der Zins ist die Versicherungsprämie gegen die Insolvenz des Unternehmens. Sollte es zu Energieausfällen kommen, reicht schon der Ausfall eines wichtigen Lieferanten, um per Dominoeffekt ganze Branchen zu erschüttern.

Wer aufgrund mangelnder Liquidität auch kleinste Rechnungen nicht rechtzeitig zahlen kann, dem nützt die goldgeränderte Bilanz wenig. Liquidität ist nicht alles, aber ohne Liquidität ist alles nichts.

Liquidität ist da

Der Zugang zu Liquidität ist weiterhin vorhanden; die Auswahl an Finanzierungsinstrumenten noch groß. So kann das Umschichten von Bankavalen aus Mischlinien zu Kautionsversicherungen zusätzliche Liquidität schaffen, da der Kreditrahmen der Bank entlastet wird. Die Bankfazilitäten – vor allem Kontokorrentlinien – werden frei und können ausschließlich für die eigene Liquidität genutzt werden.

Allerdings sind die Eintrittsbarrieren bei Kautionsversicherungen höher gelegt worden. Die Bonitätsanforderungen sind durchschnittlich um einen Notch (S&P-Rating) gestiegen. Zugleich ist die Zeitdauer zwischen Antrag und Genehmigung deutlich gewachsen. Die Finanziers prüfen sehr sorgfältig, denn natürlich wollen auch sie keine unwägbaren Risiken eingehen. Sie erwarten ausführliche Informationen, die sie intensiv analysieren, bevor sie grünes Licht geben. Darum sollte niemand erwarten, dass in der Not schnelle Finanzierungshilfe möglich ist.

Auch Factoring ist ein Instrument, damit Unternehmen sich mit Liquidität vollsaugen können. Hier gibt es einen enormen Anstieg. Factoring bietet eine Add-on-Liquidität, weil außer den Forderungen keine zusätzlichen Sicherheiten gestellt werden müssen. Factoringanbieter sind weiterhin offen, solange die Forderungen gut liquidierbar sind. Bis ein Factoringprozess eingerichtet ist, braucht es erfahrungsgemäß mindestens zwölf Wochen Vorlaufszeit.

Ein weiteres Instrument ist Debt Advisory. Viele Unternehmen haben hier temporären Gegenwind – sei es in der Form von Kosteninflation, Supply-Chain-Störungen, Mangel an Arbeitskräften oder sonstigen externen Problemen. Seit Beginn des zweiten Quartals hat die Verfügbarkeit von Fremdkapital substantiell abgenommen, insbesondere für Unternehmen in schwierigeren Situationen. Erste Finanziers sagen, dass sie aktuell bewusst bis mindestens Ende dieses Jahres an der Seitenlinie bleiben. Gleichwohl sehen ausgewählte Private-Debt-Fonds dies als Chance, die entstehende Lücke zu füllen und Small- und Mid-Cap-Unternehmen zu finanzieren – gern auch solche, die aktuell marktbedingt durch eine temporäre Schwächeperiode gehen.

Das Bild ist klar: Noch ist Liquidität verfügbar, insbesondere für Unternehmen, die nicht in akuter Notlage sind. Doch die Anforderungen steigen, das Kreditangebot wird dünner – und bei einem Gaslieferstopp kann niemand voraussehen, welche Finanzierungsoptionen dann noch zur Verfügung stehen.

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